Die Partei – das Interview

Themen über Themen: Grohe statt Corona, ein ICE für die AfD-Hochburg Wixhausen, Gottesdienste auf Malle, ein Flüchtlingsproblem im Stadtparlament, der Trend zum Fünftauto, Videoüberwachung der Stadtverordnetenversammlung und manches mehr.

Mario Pingel (Foto) ist Darmstädter Vorsitzender der nach eigener Einschätzung sehr guten politischen Gruppierung Die Partei in Darmstadt. Ihr Ziel, mindestens 100 Prozent der Stimmen zu gewinnen, verfehlte Die Partei bei der Kommunalwahl im März mit einem Ergebnis von rund zwei Prozent zwar knapp. Dennoch ist zu erwarten, dass die beiden StadtverordnetInnen, die für Die Partei ins Darmstädter Kommunalparlament einziehen, die Politik der Stadt wesentlich mitbestimmen und umgestalten werden. An sehr guten Ideen mangelt es der Partei jedenfalls nicht, wie Mario Pingel im WOOG-Interview zu berichten weiß.

Herr Pingel, eine unangenehme Frage zunächst: Was haben Sie gegen alte weiße Männer? Was haben Sie gegen mich?

Gegen Sie persönlich haben wir nichts. Aber wir machen natürlich knallharte Klientelpolitik, und unser Klientel ist jung. Es ist ganz klar: Wenn Minderjährige wählen könnten, wären wir eine der stärksten Parteien.

Bei der Durchsicht Ihres sehr guten Darmstädter Wahlprogrammes fiel uns auf, dass Die Partei den Kampf gegen Corona hauptsächlich gegen die mexikanische Exportwirtschaft führt – sprich: für die Darmstädter Brauereien nach dem Motto: Grohe statt Corona. Sehen Sie dies als Ergänzung oder Ersatz für die großartigen Strategien der hiesigen Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen in der Bekämpfung des Coronavirus?

Wir tun das nicht direkt, um die Impfstrategie weiter zu führen. Sondern weil wir als führende Wirtschaftspartei in Darmstadt eine besondere Verantwortung für die Brauereien haben, die wegen Corona in Schieflage kommen. Braukunst ist ja ein immaterielles Kulturerbe, auch aus diesem Grund müssen wir in dieser Hinsicht aktiv werden. Deshalb werden wir mit Kultur- und Wirtschaftskompetenz die Brauereien in Darmstadt retten. Das ist uns sehr wichtig.

Sie sehen Biertrinken als Kunstförderung?

Als Braukunstförderung.

Wo wir gerade beim Alkohol sind: Eine der sehr guten Ideen in Ihrem Wahlprogramm ist die Anbindung von Wixhausen an den ICE-Knotenpunkt Darmstadt. Wenn wir es recht verstanden haben, wollen Sie diese Anbindung mit einem ICE-Zug der sechsten Generation erreichen, der so lang ist, dass er zwischen den beiden Bahnhöfen gar nicht fahren muss, sondern geparkt werden kann, so dass man einfach hinten einsteigen und vorne wieder aussteigen kann. Eine brillante Idee.

Ja, aber die Planung ist noch nicht ganz abgeschlossen, die Berechnungen müssen noch genau durchgeführt werden. Wenn dabei herauskommt, dass die Länge der Trasse der Länge des ICE entspricht, werden wir einen solchen ICE dort hinstellen. Prinzipiell müssen wir Wixhausen viel besser an die Kernstadt einbinden, weil die AfD dort in der Kommunalwahl ja ihr bestes Ergebnis eingefahren hat. Das zeigt in aller Deutlichkeit: Wir müssen uns um Wixhausen kümmern.

Sind auch Ausstiege an Zwischenstationen geplant, zum Beispiel am Kleingartenverein auf der Strecke?

Ja genau, da könnte man dann sagen: Wagen zwei, hintere Tür: Ausstieg Kleingartenverein.

Wird es ein Bordrestaurant geben?

Wir können das beim aktuellen Stand der Planungen noch nicht versprechen, werden uns aber dafür einsetzen.

Ist es richtig, dass Sie die von Bund und Ländern ausgearbeiteten aktuellen Lockdown-Regeln deutlich strikter einhalten wollen als andere Parteien und deshalb Ihre Bierabende bis auf weiteres nicht in Darmstadt, sondern auf Mallorca abhalten?

Wo haben Sie denn diese Information her?

Ich bitte um Verständnis, dass wir über unsere Informanten keine Auskunft geben können.

Wir planen aktuell keine Bierabende auf Mallorca. Aber wir überlegen gerade, Ostergottesdienste, die auf Bitte der Regierung in Deutschland ja nicht besucht werden sollen, auf Mallorca abzuhalten. Mallorca ist sehr katholisch. Das würde passen.

Prinzipielle Frage: Wie können Sie guten Gewissens zwei Partei-Mitglieder in unzählige Stadtverordnetensitzungen mit Witzparteien wie FDP und CDU oder mit Unberührbaren aus der AFD schicken?

Das ist grundsätzlich natürlich ein Problem. Wir hatten gehofft und sind auch davon ausgegangen, dass wir die Stadtverordnetenversammlung nach der Wahl komplett selbst stellen, weil wir mindestens 100 Prozent der Stimmen bekommen. Unsere jetzt gewählten beiden Stadtverordneten müssen leider mit anderen arbeiten, aber sie bekommen ja auch eine finanzielle Aufwandsentschädigung, das macht es leichter.

Es gibt Stimmen, die sagen, Die Partei dränge nur deshalb in die Parlamente, um Sitzungsgelder und andere finanzielle Möglichkeiten abzugreifen. Wenn dem so ist, warum sind sie dann nicht gleich in die CDU eingetreten? Das sind doch ganz andere Nebenverdienste möglich, mit dem Verkauf von Masken zum Beispiel oder mit freundschaftlichen Verbindungen nach Aserbaidschan?

Das ist natürlich richtig. Wir wollen aber tatsächlich nur Sitzungsgelder und nehmen uns dabei Abgeordnete zum Vorbild, die bereits in mehreren Parlamenten vertreten sind oder waren und auch Pensionsansprüche aufbauen. Das sind unsere Vorbilder.

Ein sehr interessantes Projekt ist auch der Flugplatz, den Sie in Darmstadt auf dem Friedensplatz einrichten wollen. Wie stellen Sie sich das konkret vor? Streben Sie eine Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport an?

Nein, ich denke, Darmstadt kann ein solches Projekt alleine stemmen. Wir werden das in eigener Regie durchziehen. Es ist ja auch gar nicht so kompliziert, da müssen nur noch ein paar Striche auf die bereits vorhandenen Start- und Landebahnen gemalt werden, noch ein Büro ins Schloss, und dann kann es auch schon losgehen.

Ganz so einfach wird es auch nicht sein. Wo wollen Sie zum Beispiel die Fluglotsen unterbringen? Im Weißen Turm?

Das klingt nach einer guten Möglichkeit. Wir werden das in unsere Überlegungen einbeziehen.

Wie wollen Sie dem zu erwartenden Fluglärm-Problem begegnen?

Wir werden die Maschinen möglichst umgehend aus der Stadt lotsen und schauen, dass sie sehr schnell in den Landkreis Offenbach gelangen.

Lärmschutzwände am Friedensplatz sind nicht geplant?

Wir wollen das nicht ausschließen.

Dass sie nicht geplant sind?

Genau.

Zur Bildungspolitik: Sie haben angekündigt, sämtliche Kindergärten und Schulen abzureißen. Ist das nicht vielleicht ein Tick zu radikal? Dass sich die Darmstädter Kommunalverwaltung nicht um Schulen kümmert, ist ja bekannt. Aber gleich alles abreißen?

Das ist nicht übertrieben, das ist die Situation konsequent zu Ende gedacht. Also weg damit. Wir wollen damit das Wichtigste in Deutschland fördern, und das sind natürlich die Autos, für die wir durch den Abriss der Schulen und Kindergärten ausreichend Parkraum schaffen werden.

Sie unterstützen den Trend zum Fünftauto?

Ja, der Trend geht eindeutig zum fünften Auto. Wie werden das mit der Bildung verknüpfen und vorschlagen, dass schon, wer sich einen Drittwagen anschafft, die komplette EDV-Ausstattung eines Schülers oder einer Schülerin bezahlt, so dass wir einen Mittelweg finden.

Mittelweg ist immer gut in der Politik.

So ist es.

Vielleicht wird Bildung ja auch generell überschätzt. Wenn man beispielsweise die Karriere des Darmstädter Vielfachdezernenten Reißer betrachtet, stellt sich mancher junge Mensch natürlich die Frage, warum überhaupt noch zur Schule gehen?

Das ist ja genau das, was wir sagen. Wenn wir die Schulen abgerissen haben, erübrigt sich dieses Problem. Und es gibt ja nicht nur Reißer. Es gibt ja auch welche, die erst Aufgaben im Land hatten, sich dann aber wieder ins Stadtparlament geflüchtet haben.

Ein klassisches Flüchtlingsproblem.

Ja. Und es gibt auch Politiker wie den Herrn Blum von der FDP, der noch vor einigen Jahren Probleme mit der Steuer hatte, aber fürs Darmstädter Stadtparlament reicht es immer noch.

Sie verorten Die Partei in der extremen politischen Mitte. Also im Mittelfeld. Was genau soll das heißen? Mehr Lothar Matthäus oder mehr Günther Netzer?

Wir sehen uns auf allen Positionen gut vertreten. Von Gerd Müller über Franz Beckenbauer bis zur Katze im Tor ist alles vertreten. Wir werden auf allen Positionen eine gute Figur abgeben.

Besonders im Mittelfeld?

Selbstverständlich. Denn es darf, kann und wird links und rechts von der Partei nichts geben.

Sie planen, auf dem Luisenplatz den langen Lui durch eine Windkraftanlage zu ersetzen. Sind dadurch negative Auswirkungen auf die Video-Überwachungsanlagen zu befürchten, auf welche die CDU mit Recht so stolz ist?

Nein, die Überwachungskameras werden an den Beleuchtungsmasten verbleiben. Vielleicht montieren wir auch eine an die Windflügelspitze, um etwas Bewegung in die Bilder zu bekommen.

Planen Sie zusätzlich eine Videoüberwachung der Stadtverordnetenversammlung?

Ich glaube, gehört zu haben, dass eine oder einer unserer Stadtverordneten einen entsprechenden Antrag stellen wird. Wir hatten das als Kreisverband schon mal gefordert. Es macht natürlich Sinn, dass, wenn die Stadt und die Bürger per Video überwacht werden, auch die Stadtverordnetenversammlung mit Überwachungskameras ausgestattet wird. Da muss man als Politik mit gutem Beispiel voran gehen.

Das Gespräch führte Michael Eder
Foto Die Partei